DIE KRAFT DES WANDELS.

von Sally Kempton – Yoga Journal 03/2012

 

Statistische Beweise habe ich zwar nicht dafür, aber ich bin fest davon überzeugt, dass man große Veränderungen in sein Leben einlädt, sobald man damit beginnt, Yoga zu üben und zu meditieren. Diese Veränderungen beginnen im Inneren: Vielleicht verschiebt die Praxis deine Definition von Integrität dir selbst gegenüber; vielleicht setzt sie eine tiefe Sehnsucht in deinem Herzen frei oder zeigt dir Wahrheiten auf, die bisher vor dir selbst versteckt blieben.

Bald schon werden sich diese inneren Verschiebungen auch im Außen zeigen – sie werden dich zum Nachdenken darüber anregen, wie du bestimmte Dinge in deinem Leben angehen kannst und dich anspornen, dein Leben künftig anders zu gestalten. Vielleicht wirst du bemerken, dass deine Yogapraxis einen mysteriösen Prozess in Gang gesetzt hat, den ich als „karmische Beschleunigung“ bezeichne.

In anderen Worten: Eine regelmäßige Yogapraxis beschleunigt tendenziell die Art und Weise, wie sich deine Beziehungen und dein Lebensplan entwickeln. Anstatt also zehn Jahre lang in einem unbefriedigenden Job oder einer unglücklichen Beziehung festzuhängen, kann es sein, dass du das ganze Szenario nur innerhalb von zwei Jahren hinter dich bringst.

Nicht, weil du so unentschlossen oder unverbindlich bist, sondern weil fast alle von uns, die regelmäßig praktizieren, früher oder später vor Entscheidungen stehen, die im Inneren ausgelöst werden und die unser Leben radikal umkrempeln können. An diesem Punkt lernen wir, unsere Praxis weg von der Matte und mitten in unser Leben zu bringen: Yoga unterstützt uns dabei, im Angesicht der Veränderungen unser wahres Selbst zu enthüllen, und hilft uns, die Angst und Verwirrung durchzustehen, die diese Veränderungen meist mit sich bringen.

All dies denke ich, während ich Rita zuhöre, einer 37 Jahre alten Yogastudio-Besitzerin, die bereits seit fünf Jahren darüber nachdenkt, sich scheiden zu lassen. Ihre 18-jährige Ehe fühlt sich schon seit langem vollkommen leblos an. Ihr Mann und sie verbringen kaum Zeit miteinander und wenn, dann streiten sie sich eigentlich nur.

Ein Teil des Problems ist, dass ihre Leben einfach nicht zusammenpassen. Sie ist eine leidenschaftliche Yogini und Umweltaktivistin, er fängt beim Thema Spiritualität an zu gähnen und findet, dass der Klimawandel einfach nur eine unbewiesene Behauptung ist. Seit Jahren haben sie über nichts anderes mehr gesprochen als über Haushaltsangelegenheiten und ihre Tochter im Teenager-Alter. Dennoch: Ihre Ehe zu beenden würde für Rita bedeuten, ihr bisheriges Leben komplett aufzugeben. Seit 15 Jahren ist sie nun weg vom Arbeitsmarkt und hat keine Ahnung, wie sie ohne ihren Mann finanziell klarkommen sollte – ganz zu schweigen davon, wie sie ohne seine Unterstützung ihr Yogastudio weiterführen sollte. Außerdem denkt sie natürlich auch viel über das Wohl ihrer Tochter nach.

Obwohl also ihr Bauchgefühl seit langem sagt, dass sie ihrem Leben eine neue Wendung geben muss, überfällt Rita ein Panikgefühl, wenn sie daran denkt, welche Konsequenzen ihre Scheidung hätte. Deshalb schiebt sie den Gedanken immer wieder beiseite.

Da ich selbst in meinem Leben einige radikale Veränderungen vorgenommen habe, ist es für mich nicht schwer, Ritas Gefühle nachzuempfinden. Mit Mitte zwanzig beendete ich eine unglückliche Ehe, mit Ende zwanzig gab ich eine erfolgreiche Karriere im Journalismus auf und verließ den Schoß meiner Familie und Freunde, um in einer spirituellen Gemeinschaft zu leben. Dreißig Jahre später verließ ich diese Gemeinschaft wiederum, zog ans andere Ende des Landes und begann ein neues Leben.

In zwei dieser Situationen brauchte ich jahrelang, um meine Entscheidung schließlich in die Tat umzusetzen. Ich wollte sicher gehen, dass ich das Richtige tue. Und – sehen wir der Wahrheit ins Auge: Lebensveränderungen sind angsteinflößend, besonders wenn auch das Leben anderer Personen betroffen ist und man nicht weiß, was einen hinterher erwartet.

Bloß über eine Scheidung, einen Berufswechsel oder einen Umzug an das andere Ende des Landes nachzudenken, kann grundlegende Existenzängste hervorrufen, die sich auf vielerlei Weise im Außen zeigen können – als gesundheitliche Probleme, Albträume, Fluchtreaktionen wie übermäßiges Essen, anhaltende Unentschlossenheit oder ohne einen konkreten Plan zu handeln, um aus der Situation zu flüchten – einfach nur, um das Ganze hinter sich zu bringen.

Ob du es glaubst oder nicht, diese grundlegenden Existenzängste tauchen auch dann auf, wenn eine wichtige positive Veränderung im Leben bevorsteht.

Studien zum Thema Stress zeigen, dass lebensbejahende Ereignisse wie Heirat, ein neuer Job oder eine langersehnte Chance häufig ebenso stressig sind wie negative (denk nur an eine Braut, die kurz vor der Zeremonie in Tränen aufgelöst zusammenbricht oder an einen jungen Mann, der ein vielversprechendes Stipendium in einer anderen Stadt sausen lässt, weil er seine Freunde zu Hause vermisst).

Anders ausgedrückt: Veränderungen können uns auch dann Angst machen, wenn wir sie selbst aktiv vorgenommen haben. Was, wenn ich andere Menschen damit verletze? Wie komme ich damit zurecht, falls sich meine Entscheidung als absolut falsch herausstellt? Besitze ich die Fähigkeit, mit der Verwirrung und dem Chaos umzugehen, die der Veränderungsprozess womöglich auslöst?

Diese Fragen lähmen Rita und es sind genau die Fragen, die uns häufig an einschränkenden und schmerzhaften Situationen festhalten lassen, so lange, bis eine Kraft im Außen die Entscheidung für uns trifft.

Yoga aber kann uns die Stärke und Einsicht schenken, die wir brauchen, um tiefgehende Veränderungen vorzunehmen. Ebenso wichtig wie die Yogapraxis sind hierfür einige yogische Grundsätze: Das Wissen, dass wir die äußere Welt durch unsere innere Einstellung beeinflussen, dass hinter der Vielfalt des Lebens eine fundamentale Einheit liegt, dass große Kraft aus der Stille entspringt und dass unser wahres Selbst nicht diese wandelbare, ängstliche, egobezogene Person ist, die wir manchmal zu sein scheinen.

Deine Praxis wird an diesem Punkt auf die Probe gestellt – jetzt zeigt sich, wie gut sie dir in Zeiten des Wandels dienen kann. Die Lehren des Yoga werden dich nicht unbedingt davor bewahren, dich ängstlich, überfordert oder verwirrt zu fühlen. Aber sie können sich in deinem Inneren breit machen wie ein weiser Freund und dich durch diese Gefühle hindurch begleiten, damit du dich nicht in ihnen verlierst. Sie können dir sogar dabei helfen zu vermeiden, dass du dich in Entscheidungsunfähigkeit oder überstürzte Entscheidungen verstrickst.

Im Laufe der Jahre habe ich die Angewohnheit entwickelt, mich in Zeiten des Umschwungs und der Verwirrung nach innen zu wenden und um Hilfe zu bitten. Meistens kommen dabei immer dieselben Weisheiten ans Licht – hier stelle ich dir sieben wichtige Yoga-Lehren vor, die dir dabei helfen können, mit radikalen Lebensveränderun-gen umzugehen.

1 Mach dir bewusst, dass Wandel unvermeidbar ist.

Die buddhistische Lehre der Vergänglichkeit, Anicca, vermittelt uns, dass Wandel an sich notwendig, kontinuierlich und unvermeidbar ist. Alles verändert sich. Allein dies zu begreifen, kann uns vor der gängigen Reaktion auf Veränderung bewahren, die uns in eine Opferrolle verfallen lässt: „Warum ich?“

Das, was die Buddhisten als Vergänglichkeit bezeichnen, schreiben die tantrischen Yogis der sich immer verändernden Natur von Shakti zu. Als dem Leben innewohnende, dynamische Kraft verkörpert Shakti die kosmische, göttliche, weibliche Energie, die beständig Dinge manifestiert, diese für eine Weile bewahrt und schließlich wieder auflöst. Jeder Moment, jedes Unterfangen, jede Zelle ist Teil dieses natürlichen Flusses von der Entstehung über die Erhaltung bis hin zur Auflösung.

Dieser Fluss findet auf makrokosmischer Ebene statt – als Wechsel zwischen den Jahreszeiten, zwischen Ebbe und Flut oder den Tageszeiten – und auf mikrokosmischer Ebene als Veränderungen in unserem körperlichen Befinden, Aufs und Abs in unserem Leben und wechselnde Gedanken und Emotionen in unserem Geist. Sobald du die göttliche Natur von Wandlungsprozessen erkennst, wird es dir leichter fallen, dem Wandel mit Würde zu begegnen, sich ihm hinzugeben und sogar mit ihm zusammenzuarbeiten, während du deinen Weg weiterverfolgst.

 

2 Sieh die Veränderung als Initiierungsprozess.

In vielen Gesellschaften wurde früher traditionell jede Lebensphase als Initiation in eine neue Art zu sein verstanden und meistens mit einer Zeremonie besiegelt, bei der man auf die eine oder andere Weise ins Unbekannte treten musste – ob es sich nun um ein Gebetsvigil, eine Nachtwache oder bestimmte zu beantwortende Fragen handelte.

Heutzutage vollziehen wir zwar nicht immer eine Zeremonie, erfahren aber dennoch Initiierungen. Den Beruf zu wechseln, in eine neue Stadt zu ziehen oder noch einmal zu studieren, sind alles Initiierungserlebnisse, da sie einen auffordern, alte Gewohnheiten aufzugeben, seine eigenen Fähigkeiten zu prüfen und sich für einige Zeit ins Ungewisse zu begeben.

Hinzu kommt, dass jede dieser Veränderungen dein Selbstverständ-nis auf subtile oder dramatische Weise neu definieren wird. Du wirst nicht mehr dieselbe Person sein, nachdem du aus der alten Situation in eine neue eingetreten bist. Die Veränderung selbst, sofern du sie bewusst erlebst, ist dein Tor zu einer neuen Wachstumsstufe, die zu einer tieferen Beziehung mit dir selbst und der Welt führt.

Um ein Beispiel zu nennen: Frances nahm mit 24 Jahren ein Jobangebot als Englischlehrerin in Seoul an und flippte regelrecht aus, als sie dann dort war – sie war vollkommen überfordert aufgrund ihrer Einsamkeit und des Kulturschocks.

Was sie dazu brachte, dennoch zu bleiben, war die Erkenntnis, dass sie als „Fremde“ plötzlich die Möglichkeit hatte, sich von einem überholten Selbstbild zu befreien und einen neuen Weg zu finden, ganz sie selbst zu sein.

Wenn sich dein Leben verändert, solltest du auf ähnliche Weise versuchen zu erkennen, auf welch vielschichtige Art der Wandel deinen Horizont erweitern, dir einiges über dich selbst beibringen, dir deine Grenzen sowie Möglichkeiten zu deren Verschiebung aufzeigen kann. Je mehr du die Veränderung als Initiierungsprozess akzeptierst, desto einfacher ist es, die (manchmal verborgenen) Geschenke darin zu entdecken.

 

3 Meditiere dich durch die Ungewissheit hindurch.

Die tiefe Ungewissheit, die inmitten eines Wandlungsprozesses entsteht, ist vermutlich der erschreckendste Aspekt der Erfahrung. Weshalb? Weil eine wahrhafte Veränderung immer auch Überraschungen, Rückschläge, Fehlstarts und Einbahnstraßen beinhaltet.

In diesen Momenten fühlt man vermutlich Angst, Ärger, Reizbarkeit, Trauer, Gram und körperliche sowie psychische Anspannung, die meist mit dem Gefühl von Ungewissheit und Unklarheit einhergehen. Der Bauch verkrampft sich und der Geist verfängt sich in einer Opferrolle: Er spinnt ein Worst-Case-Szenario aus. Oder du denkst: „Ich habe einfach nicht das Zeug dazu.“ Oder: „Ich werde nie das bekommen, was ich brauche.“ Und der nächste Schritt ist fast immer irgendeine Form von Flucht. Du schaltest den Fernseher ein, isst etwas oder rufst einen Freund an, um zu jammern.

Das wahre Gegenmittel gegen das unangenehme Gefühl der Ungewissheit ist allerdings, sich mitten hinein zu begeben anstatt davonzulaufen. Verbinde dich damit, wie sich dieses unangenehme Gefühl in deinem Körper manifestiert. Lass es zu, dieses Gefühl tief zu empfinden. Lass die Geschichte los, die das unvermeidliche Gefühl von Unbehagen mit sich bringt und bleibe einfach präsent.

Bleibe bei dir und deinen Gefühlen, ohne Widerstand oder Erwartungen. Je mehr du bewusst in der Ungewissheit verweilen kannst, desto natürlicher und effektiver kannst du den Wandel geschehen lassen.

Es ist viel leichter, im Angesicht großer Veränderungen stabil zu bleiben, wenn man eine regelmäßige Meditationspraxis etabliert hat, da uns die Meditation lehrt, wie wir immer wieder zu unserer inneren Mitte zurückkehren können. Diese Bewusstheit in unserem tiefsten Inneren ist die Verbindung zu unserem höheren Selbst, das das individuelle Bewusstsein mit dem universellen verbindet.

Deine Meditationstechnik kann dabei ganz einfach sein, etwa indem du immer wieder zum Atem zurückkehrst oder ein Mantra wiederholst. Oder sie ist subtiler, zum Beispiel indem du dich auf die Bewusstheit einstimmst, die beobachtet, was du denkst. Sie kann auch einen physischen Fokus besitzen, etwa mit der in das Herz geführten Atmung. Wichtig ist nur, dass deine Praxis dich mit deinem innewohnenden Sinn für das (Da-)Sein in Kontakt bringt – mit der unvergänglichen Präsenz in dir.

4 Entdecke deine tiefste Sehnsucht.

Die Ergründung des Selbst, Atma Vichara, ist das Kernstück im yogischen Umgang mit Veränderungen. Dabei handelt es sich um eine simple, wenngleich äußerst effektive Vorgehensweise, sich selbst Fragen zu stellen wie: „Was ist meine wahre Sehnsucht in dieser Situation?“ Oder: „Welches Ergebnis wäre für alle Beteiligten am besten?“ Immer, wenn eine Antwort auftaucht, schreibe sie auf.

Anschließend sitze eine Weile, um zu meditieren und beobachte deinen Atem, bis du eine gewisse Verbindung zu deiner inneren Präsenz spüren kannst. Sage dir: „Möge mein höheres Selbst, der Lehrer in meinem Inneren, mir mitteilen, was ich tun soll.“ Stelle dir anschließend noch einmal deine Fragen zur Ergründung des Selbst und schreibe die auftauchenden Antworten ebenfalls auf – auch wenn sie dir vielleicht seltsam vorkommen. Lies dir dann alle Antworten durch und versuche darin einen roten Faden zu erkennen, der dir Aufschluss darüber gibt, was dein höheres Selbst für dich möchte. Dich mit deiner tiefsten und wahren Sehnsucht zu verbinden, wird dir dabei helfen, die nötigen Schritte in deinem Veränderungsprozess einzuleiten.

 

5 Setze dir eine starke Intention.

Der nächste Schritt ist, sich ein „Sankalpa“ zu überlegen – eine klar formulierte, affirmative Aussage darüber, wie du handeln möchtest. In dem Moment, da du ein wahres Sankalpa formulierst, rufst du die Kraft hinter deinem eigenen Willen an und richtest deinen persönlichen Willen mit dem universellen Willen aus. Nachdem du die Ergründung des Selbst geübt und ein Gefühl dafür bekommen hast, was deine tiefste Sehnsucht ist, sollte es dir nicht schwerfallen, ein Sankalpa zu finden, das im Einklang mit deinen wahren Wünschen steht.

Je exakter die Übereinstimmung zwischen deinem Herzenswunsch und deiner Ausrichtung ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass du auf erfolgreiche und weise Art eine Veränderung in die Wege leitest, die mit deiner Ausrichtung übereinstimmt.

Deshalb ist es natürlich auch wichtig zu verstehen, dass sich das Sankalpa mit der Zeit und den Umständen verändern wird. Zu einer bestimmten Zeit kann es zum Beispiel lauten: „Ich habe einen Job, den ich liebe und der es mir erlaubt, Zeit mit meinen Kindern zu verbringen.“ In einer anderen Lebensphase kann das Sankalpa heißen: „Ich gehe erfolgreich die notwendigen Schritte, um eine neue Wohnung zu finden.“ Und später vielleicht: „Ich heile meinen Körper und meinen Geist.“

Beachte bitte, dass all diese Sankalpas in der Gegenwartsform formuliert sind – und zwar deshalb, weil ein Sankalpa nicht einfach nur ein Wunsch oder eine Absichtserklärung ist. Es ist vielmehr das Artikulieren der genauen Ausrichtung, die dein Ziel direkt in den gegenwärtigen Augenblick bringt. Das, was dem Sankalpa seine Macht verleiht, ist die Überzeugung, dass ein erwünschtes Ergebnis nicht erst eintreffen muss, sondern bereits existiert.

6 Werde aktiv – und mache jeden Schritt zu seiner Zeit.

Das Herz der Yogapraxis ist Abhyasa, das stete Bemühen, das zu erreichen, was man sich vorgenommen hat. Wenn du also vorhast, etwas in deinem Leben zu ändern, mache dir all die einzelnen Schritte bewusst, die du dafür gehen musst. Dazu kannst du dir erneut die Technik zur „Ergründung des Selbst“ anwenden. Lass uns Rita noch einmal als Beispiel nehmen: Um sich die Stufen in ein neues Leben vorzustellen, könnte sie sich fragen: „Wo werde ich leben?“, „Welche Freunde werde ich haben und wer wird mich unterstützen?“, „Wie wird meine Tochter mit den Veränderungen klarkommen?“, „Welche anderen Einnahmequellen könnte ich außerhalb des Studios haben?“, „Wie werde ich die Studiomiete zahlen, falls mein Mann das nicht kann oder will?“ Über ihre Möglichkeiten und Perspektiven zu reflektieren, kann Rita dabei helfen, ihre Ängste auszuräumen und einen Plan zu entwickeln, selbst wenn sie noch nicht alle Antworten auf ihre Fragen hat.

Nachdem du alle Aspekte durchdacht hast, ist es absolut notwendig, dass du auch zu handeln beginnst. Effektives Abhyasa im Yoga der Lebensveränderung bedeutet, einen Schritt nach dem anderen zu machen, um sich nicht überwältigt zu fühlen.

Wenn man Ritas Plan betrachtet, finanzielle Unabhängigkeit von ihrem Mann zu erlangen, wäre der erste Schritt, mehr private Yogaschüler anzunehmen. Der zweite Schritt könnte ein Kurs in Konfliktbewältigung sein – ein Berufsfeld, in dem sie in der Vergangenheit bereits gearbeitet hat. Diese Maßnahmen geben ihr ein Gefühl von finanzieller Stabilität und zudem das nötige Selbstvertrauen, um mit ihrem Mann über eine Scheidung zu sprechen. Genau wie Rita wirst auch du merken, dass die ersten kleinen Schritte unweigerlich zu den nächsten führen und dass sich als Konsequenz neue Möglichkeiten ergeben.

 

7 Praktiziere loszulassen.

Eine der positiven Nebenerscheinungen an einer Veränderung ist aus yogischer Sicht die Möglichkeit, Vairagya zu praktizieren – Nicht-Anhaften oder Loslassen. Es bedeutet, die Vergangenheit loszulassen und die Dinge, wie sie waren, aufzugeben.

Es geht darum, Ängste, Schmerz, eine Beziehung oder einen Job loszulassen. Es bedeutet nicht, Dinge auf eine brutale Weise aufzugeben und sich selbst dazu zu zwingen, ein „Samurai des Wandels“ zu sein. Lass dich stattdessen den Schmerz erleben oder die Angst fühlen. Dann atme aus und stelle dir vor, dass du das, an dem du bisher festgehalten hast, zusammen mit dem Atem gehen lässt.

Oder du schickst es mit einem Gebet hinaus ins Universum: „Ich schicke die Veränderung und alles, was damit einhergeht, hinaus. Möge das Ergebnis zum Wohle aller Wesen sein.“ Wiederhole dieses Ritual so lange, bis du das Gefühl von Befreiung spüren kannst, welches Vairagya mit sich bringt.

Meiner Erfahrung nach kann allein die Erinnerung daran loszulassen – Augenblick für Augenblick – der Schlüssel zu einem positiven und tiefen Wandel sein. Tatsächlich erhältst du eines der größten Geschenke des Wandlungsprozesses, wenn du auch nur ein wenig lernst, loszulassen. Es wird dich einen Riesenschritt dahin bringen, deinen Traum zu leben.

Sally Kempton ist international eine der renommiertesten Meditationslehrerinnen. Neben ihren Artikeln für das YOGA JOURNAL hat sie auch etliche Bücher veröffentlicht, darunter auf Deutsch „Meditation. Das Tor zum Herzen öffnen“.